Hand aufs Herz, erlaube ich mir selbst klare Regeln und Grenzen zu haben
in meiner eigenen Praxis?
Das wird viel zu meinem Wohlgefühl und zu guter Stimmung auch in meinem Alltag beitragen!
Oder bin ich genervt von offenen Rechnungen, schlechtem Benehmen und übergriffigem Verhalten, eventuell sogar während meiner kostbaren privaten Zeit?
Und fühle mich hilflos. Und verpflichtet, jeden Unfug stoisch zu ertragen.
Oft glauben wir, in der Rolle des Begleiters als Therapeut und Coach die „Allseits Guten“ sein zu müssen.
Wir haben jemanden vor uns, der mit persönlichen Problemen ringt und dem wir das Allerbeste wünschen und viel Mitgefühl entgegenbringen.
Und gerade hier möchten wir nicht gemein sein, jemanden ablehnen, die Ursache sein für neue schlechte Gefühle.
Und, ehrlich gesagt, haben wir auch keine Lust auf seine unangenehmen Reaktionen.
Wir wollen nicht, dass wir plötzlich die/der Böse sind, dass jemand auf uns sauer ist und das dann womöglich noch überall in der Gegend herum erzählt.
Tatsächlich ringen viele Klienten selbst mit der bangen Frage, ob und wie sie angemessene persönliche Grenzen setzen dürfen.
Sie haben es vielleicht einfach noch nicht lernen können und sehnen sich in der Tiefe, das zu tun, auch wenn dieses Thema viel Unsicherheit und Ängste auslöst.
Umso wichtiger ist hier meine klare Vorbildfunktion!
Bin ich mit mir im Reinen: Was darf mein Klient, und wo sind die Grenzen?
Wie sind meine Regeln innerhalb und zwischen oder nach den Sitzungen?
Welches Verhalten ist für mich innerhalb einer Sitzung in Ordnung und was definitiv nicht mehr?
Was kann ich tun, wenn jemand diese Grenzen, womöglich schon mehrfach, verletzt hat?
Je nach Praxis-Art und persönlicher Neigung werden die Grenzen sehr verschieden sein. Wichtig ist, dass ich mir im Vorfeld selbst darüber im Klaren bin, auch über die möglichen Konsequenzen.
Je nach Art der Grenzverletzung werden meine angekündigten Folgen andere sein – und irgendwo zwischen zeitlicher Beschränkung bei Kontaktaufnahmen, einem höheren Honorar oder sofortiger Beendigung der jeweiligen Sitzung, oder auch dem kompletten Ende der Behandlung angesiedelt sein.
Übrigens – je klarer ich mir über meine Rahmenbedingungen und deren Wichtigkeit für mich und über die möglichen Folgen bin, umso sicherer und aufgehobener werden sich meine Klienten bei mir fühlen.
Besonders wichtig für Klienten, die das in ihrer Biografie als Kind nicht erfahren konnten.
Interessanterweise zeigen etliche Untersuchungen, dass ein unberechenbares Verhalten von Bezugspersonen in der Kindheit die größten Schäden in der psychischen Entwicklung hervorruft, weil es permanente unentrinnbare Unsicherheit und tiefe Ängste in Kindern auslöst.
Klare Regeln schaffen einen emotional sicheren Rahmen. Für mich und für mein Gegenüber.
Und umso seltener werde ich dann auch Konsequenzen ankündigen und durchziehen müssen, das ist das Phänomen.
Die gute Nachricht ist, dass ich dieses Prinzip überall im Leben anwenden kann.
Nicht nur in meiner Praxis!
Hier ist sie also: Die 1-2-3-Raus Regel
Wie gesagt, meine Klarheit überträgt sich dann auch unbewusst auf die Klienten und manch einer, der sonst zu grenzverletzendem Verhalten neigt, tut das dann bei mir wahrscheinlich von vornherein eher nicht.